Opposite Editorial: Lydia Rilling

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field notes #14

1. November 2019 | Lydia Rilling

Porträtaufnahme Lydia Rilling
©Lisa Burke

Sich auf weniger zu beschränken, um mehr zu erreichen – im Kontext der Debatte um die Klimakrise des Planeten ist dieses Konzept allgegenwärtig: weniger Flüge, weniger Fleisch, weniger Plastik … Zugleich erleben wir das Phänomen, dass in unserer Gesellschaft des exzessiven Konsums eine große Sehnsucht nach Reduktion besteht, dieses Übermaß aber auf dem Mangel anderer Menschen beruht. Auch deshalb wird verantwortungsvolles Handeln immer stärker mit Beschränkung gleichgesetzt.

In den Künsten hat das Prinzip der Reduktion eine lange Geschichte, gerade auch in der zeitgenössischen Musik, in der sie sich in den verschiedensten Formen zeigt – als Konzentration auf ein bestimmtes Prinzip, stark begrenztes Material, leiseste Klänge oder kleinste Veränderungen. Berlins Musikszenen sind wie kaum andere von Ästhetiken der Reduktion geprägt worden. In Luxemburg erkundet das von mir programmierte Festival rainy days unter dem Motto »less is more« vom 22.11. bis zum 1.12., wie Reduktion klingen kann.

Den Berliner*innen bietet die Stadt im November und Dezember eine Fülle von interessanten Konzerten, Performances, Musiktheaterwerken und Installationen – manchmal ist mehr eben doch mehr. Empfehlen möchte ich unter anderem die Auftritte der herausragenden Musiker Brian Marsella, Christian Lillinger und Anthony Braxton beim Jazzfest (1., 2. & 3.11.); Chaya Czernowins Erkundung der Liebe in ihrer neuen Oper »Heart Chamber« (15.11.); die Uraufführung von Thomas Meadowcrofts Stück über klassische Musik und social media mit Mädchenchören der Sing-Akademie und dem Solistenensemble Kaleidoskop (20.11.); Raed Yassins Performance »Time Tuning« über Echos (20.11.); das Splitter Music Festival mit dem Schwerpunkt auf musikalischen Gruppendynamiken (22.–24.11.); die musikalischen Archäologen Lange//Berweck//Lorenz mit neuen Kompositionen u.a. von Bernhard Lang (23.11.).; das Trio aus Improvisations-Urgestein John Russell und Biliana Voutchkova und Isidora Edwards (5.12.); das Festival UpToThree des ensemble mosaik über die vielfältigen Verhältnisse von Sprache und Musik u.a. mit dem Lautpoesievirtuosen Michael Lentz (7. & 8.12.) und schließlich ein Konzert mit Kompositionen von Ignaz Schick (15.12.).

Anregende, interessante und beglückende
Konzerte wünscht Ihnen und Euch

– Lydia Rilling

Lydia Rilling ist Musikwissenschaftlerin, -publizistin und Kuratorin mit dem Schwerpunkt zeitgenössische Musik und Musiktheater. Seit 2016 ist sie Chefdramaturgin an der Philharmonie Luxembourg und leitet das Festival rainy days.

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